Quelle: Lexikorn, Wikimedia Commons

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Das OLG Hamm (Beschluss vom 20.02.14, Az. 1 RVs 15/14) hat wieder über die Voraussetzungen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr sowie der gefährlichen Körperverletzung, dieses Mal in Zusammenhang mit dem Zufahren auf eine Person entschieden. Das Amtsgericht Kamen hatte festgestellt, dass der Angeklagte mit einem PKW mit einem „Rechtsschlenker“ ohne verkehrsbezogenen Anlass auf den am Straßenrand stehenden Zeugen T, einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes zu (fuhr), der sich durch einen Sprung in Sicherheit bringen musste, um nicht von dem Fahrzeug erfasst zu werden. Beim Sprung von der Fahrbahn auf den angrenzenden Gehweg erlitt der Zeuge eine Zerrung im Rückenbereich, in deren Folge er acht Tage arbeitsunfähig erkrankt war. Diese Feststellungen reichten dem OLG für eine Verurteilung nach § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht aus:

Im fließenden Verkehr stellt ein Verkehrsvorgang nur dann einen Eingriff in den Straßenverkehr im Sinne von § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB dar, wenn zu dem bewusst zweckwidrigen Einsatz eines Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Einstellung hinzukommt, dass es mit (mindestens bedingtem) Schädigungsvorsatz – etwa als Waffe oder Schadenswerkzeug – missbraucht wird. Erst dann liegt eine – über den Tatbestand des § 315c StGB hinausgehende – verkehrsatypische „Pervertierung” des Verkehrsvorgangs zu einem gefährlichen „Eingriff” in den Straßenverkehr im Sinne des § 315b Abs. 1 StGB vor. Sofern ein Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug beispielsweise als Fluchtmittel (lediglich) verkehrswidrig benutzt und nur mit Gefährdungsvorsatz handelt, wird ein solches Verhalten dagegen regelmäßig von § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB erfasst (…). Ungeachtet der Frage, dass schon zweifelhaft ist, ob überhaupt auch nur ein Vorsatz bezüglich einer Gefährdung festgestellt ist (Anlass zu Zweifeln geben Formulierungen wie: „Dem Angeklagten musste dabei bewusst sein …“ und „… musste der Angeklagte ebenso davon ausgehen …“, die offen lassen, ob er wirklich auch davon ausgegangen ist), ergeben die Feststellungen jedenfalls keinen (auch nur bedingten) Schädigungsvorsatz im oben genannten Sinne. Es heißt diesbezüglich im angefochtenen Urteil: „Der Angeklagte hat damit vorsätzlich sowohl hinsichtlich des geeigneten Tatobjekts als auch des drohenden bedeutenden Schadens, der Gefährdung von Leib und Leben des Zeugen T, gehandelt, indem er […] die Gefährdung des Zeugen T für möglich erachtet und billigend in Kauf genommen hat.“ Es ist insoweit also lediglich von einem Gefährdungsvorsatz die Rede.

Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass für die Annahme einer Vorsatz-Fahrlässigkeitskombination nach § 315b Abs. 4 StGB bzw. einer reinen Fahrlässigkeitstat nach § 315b Abs. 5 StGB nach der o.g. höchstrichterlichen Rechtsprechung kaum noch Raum bleiben dürfte, bei Bejahung eines Schädigungsvorsatzes dann aber auch die Erfüllung der Qualifikation nach §§ 315b Abs. 3, 315 Abs. 3 StGB zu prüfen wäre (vgl. Fischer a.a.O. Rdn. 21), wobei freilich das Verschlechterungsverbot bei der Strafbemessung zu beachten ist.

Eine gefährliche Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) ist bei Verwendung eines PKWs zwar denkbar, hätte nach der herrschenden Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 20.12.2012, Az. 4 StR 292/12) aber erfordert, dass gerade durch einen Anstoß des PKW die Verletzung (unmittelbar) eingetreten wäre. Es kam jedoch zu keiner Berührung. Der Strafsenat des OLG Hamm zweifelt zwar an diesem Unmittelbarkeitserfordernis, konnte die Frage aber offen lassen, da auch hier der Vorsatz des Angeklagten nicht hinreichend festgestellt worden war.