Für einiges Aufsehen sorgten Urteile des Landgerichts Darmstadt, wonach im Bereich des Deliktsrechts eine fiktive Schadensabrechnung nicht mehr möglich sein soll, nachdem der Bundesgerichtshof diesen Weg bereits für das Werkvertragsrecht verschlossen hatte. Das zuständige OLG Frankfurt wird dieser Ansicht ausweislich eines aktuellen Hinweisbeschlusses wohl nicht folgen: Es beanstandet, das Landgericht setze sich mit der Dispositionsfreiheit des Geschädigten bei der Schadensabrechnung nicht ausreichend auseinander. Es betreibe eine Rechtsfortbildung contra legem; der Gesetzgeber habe ausweislich des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB die fiktive Abrechnung grundsätzlich für möglich gehalten. Auch eine Überkompensation von Geschädigten oder das vom Landgericht angenommene Einfallstor für Betrügereien seien nicht ohne weiteres anzunehmen.

OLG Frankfurt, Hinweisbeschluss vom 18.06.2019 – 22 U 210/18

1.

Die Parteien werden auf Folgendes hingewiesen:

Der Senat hält die Rechtsansicht des Landgerichts, die Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung des Sachschadens sei auch im Deliktsrecht im Wege der Rechtsfortbildung und auch im Hinblick auf die, Entscheidung des BGH vom 22.2.2018 – VII ZR 46/17 – unzulässig, für rechtsfehtsfehlerhaft.

Gemäß § 249 BGB besteht in der Regel ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon, ob der Geschädigte das Fahrzeug tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (st. Rspr. des BGH, vgl. Senatsurteil vom 7. Februar 2017 – VI ZR 182/16, NJW 2017, 2183 Rn. 7 m.w.N.). Ziel des Schadensersatzes ist die Totalreparation und der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen sowohl in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei. Allerdings ist der Geschädigte nach dem in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB verankerten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Begehrt er den Ersatz fiktiver Reparaturkosten, genügt es im Allgemeinen, dass er den Schaden auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens berechnet, sofern das Gutachten hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, dem konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden (vgl. BGH Urteil vom 29. April 2003 – VI ZR 398/02, BGHZ 155, 1 m.w.N.).

Die fiktive Abrechnung bezieht sich ausschließlich auf Sachschäden. Bei Nichtvermögensschäden besteht keine Verwendungsfreiheit des Geschädigten. Sie wird durch § 253 BGB eingeschränkt. Wird der Betrag für ärztliche Behandlung, Krankenhausaufenthalt oder Heilmittel nicht in Anspruch genommen, sondern fiktiv abgerechnet, ist er zurückzuerstatten (vgl. BGH NJW 1986, 1538; OLG Hamm NZV 2003, 192; OLG Köln VersR 2000, 1021; Steffen NJW 1995, 2057; Schlemann DAR 1982, 309; MüKO-BGB/Oetker, 7. Aufl., § 249 Rn 380).

Grund und Begrenzung der fiktiven Abrechnungsmöglichkeit ergeben sich aus der Wechselwirkung von Dispositionsfreiheit, Wirtschaftlichkeitspostulat und Bereicherungsverbot. Diese Grundsätze des Schadensersatzrechts sind durch Auslegung des § 249 BGB zu gewinnen. Die dem Geschädigten zugewiesene Dispositionsfähigkeit zeigt sich darin, dass er zum einen selbst frei entscheiden kann, ob er die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch eine Reparatur vornimmt oder vornehmen lässt. § 249 BGB ordnet an, dass der Geschädigte den von dem Schädiger den Geldbetrag verlangen kann, der zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands erforderlich ist (sog. Ersetzungsbefugnis).

Auf der ersten Stufe der betätigten Dispositionsfreiheit kann er sich frei entscheiden, ob er das beschädigte Fahrzeug instand setzt oder nicht; im letzten Fall erhält er den nach dem Gutachten zu einer Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag. Da die Schadensbeseitigung nicht nur durch Reparatur, sondern auch durch Ersatzbeschaffung erfolgen kann, kann der erhaltene Betrag bei der Ersatzbeschaffung eingesetzt werden.

Nach dem gesetzlichen Modell des § 249 BGB ist der Geschädigte weder zur Reparatur noch zur Ersatzbeschaffung verpflichtet. Der erhaltene Betrag ist nicht zweckgebunden, sondern kann beliebig verwandt werden. Damit ist die Grundlage der fiktiven Abrechnung gesetzlich festgeschrieben; der Geschädigte kann seinen Schadensersatzanspruch fiktiv abrechnen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn aus übergeordneten Gesichtspunkten eine Unanwendbarkeit der Grundsätze der Dispositionsfreiheit des Geschädigten anzunehmen ist. Dafür ist allerdings nichts zu erkennen. Die Entscheidung des Landgerichts setzt sich mit den Voraussetzungen und Folgen der Dispositionsfreiheit des Geschädigten nicht auseinander. In der Auslegung des Landgerichts liegt eine Abweichung von dem in § 249 BGB kodifizierten Grundsatz der Dispositionsfreiheit, eine Form der Rechtsfortbildung contra legem. Ein unabweisbares Bedürfnis für die Abschaffung der fiktiven Abrechnung ist nicht erkennbar (vgl. auch Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 2. Aufl., S. 399 ff.).

In Schadensersatzprozessen geht es allein um die Frage der erforderlichen Wiederherstellungskosten gem. § 249 Abs. 2 BGB, also diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte.

Der Gesetzgeber hat mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zum 1.1.2002 § 249 Abs. 2 S. 2 BGB als Ausnahmevorschrift eingefügt, wonach die Umsatzsteuer – im Gegensatz zur vorherigen Rechtspraxis – nur erstattungsfähig ist, wenn und soweit sie tatsächlich anfällt.

Der Gesetzgeber hat damit die Möglichkeit einer fiktiven Schadensabrechnung gerade angenommen, diese der Höhe nach jedoch auf den Netto-Betrag begrenzt, wenn und soweit keine Umsatzsteuer anfällt. Dass damit die fiktive Abrechnung – trotz zugegebenermaßen anderslautender Bestrebungen – gerade nur in dem kleinen Umfang der Umsatzsteuererstattung begrenzt wurde, zeigt die gesetzgeberische Entscheidung, die sich im Gesetzeswortlaut widerspiegelt und gerade kein Auslegungsermessen in der vom Landgericht vorgenommenen Form zulässt.

In seiner Argumentation hätte das Landgericht aber auch insbesondere auf die Entscheidung des BGH vom 19.2.2013 (VI ZR 69/12) eingehen müssen, wonach bei fiktiver Schadensabrechnung die erforderlichen Reparaturkosten auch allgemeine Kostenfaktoren wie Sozialabgaben und Lohnnebenkosten umfassen.

Der VI. Senat verneint in seiner Entscheidung ausdrücklich eine – vom VII. Senat für das Werkvertragsrecht angenommene – Überkompensation bei fiktiver Abrechnung und lässt daher entsprechende Abzüge nicht zu. Dies hat einen guten Grund, der in den Besonderheiten des Schadensersatzrechts liegt: Verzichtet der Geschädigte auf die Durchführung der Reparatur des beschädigten Fahrzeugs, so bleibt der entsprechende Wertverlust am Fahrzeug haften.

Jeder potentielle Käufer des Fahrzeugs würde den Wert desselben um die noch anfallenden Netto-Reparaturkosten mindern, und zwar unabhängig davon, ob auch nach vollständig und fachgerecht durchgeführter Reparatur eine merkantile Wertminderung bleibt.

Wenn das Landgericht zur Begründung seiner Auffassung ausführt, dass die fiktive Abrechnung das Einfallstor für Betrügereien sei, übersteigt dies zum einen seine Kompetenz, da der Gesetzgeber die fiktive Abrechnung vorsieht.

Zum anderen ist das Argument auch nicht ohne weiteres tragfähig: Das Gericht stützt seine Auffassung lediglich auf eine Unterstellung, ohne konkrete Zahlen zu benennen. Es lässt auch außen vor, dass die Versicherungswirtschaft zwischenzeitlich die HIS-Datei eingeführt hat, um eine mehrfache Reparatur ein und desselben Fahrzeugs und die mehrfache Abrechnung ein und desselben Schadens zu vermeiden, so dass ein Verbot der fiktiven Abrechnung durch die Gerichte nicht erforderlich zur Verhinderung von Betrügereien ist.

Wenn sich das Landgericht in der Position sieht, die dogmatische Neujustierung des Schadensersatzrechts vorzunehmen und „zunehmend ausgeuferte Wucherungen zurückzuschneiden“, übersieht es auch insoweit, dass dies grundsätzlich Sache des Gesetzgebers und nicht des Landgerichts ist. Die Hoffnung, dass es aufgrund des Verbots der fiktiven Abrechnung nunmehr zu weniger Verfahren über die Höhe der erforderlichen (fiktiven) Reparaturkosten käme, mit welchen die Eingangsgerichte trotz vergleichsweise geringer Gegenstandswerte belastet würden, stellt keine tragfähige Begründung dar (vgl. Dötsch, ZfSch 2018, 601, 602)

Hinzu kommt, dass das Urteil des VII. ZS die Interpretation des Landgerichts nicht hergibt.

In dem Urteil des BGH (BauR 2018, 815) hat der BGH unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung dem Besteller einer Werkleistung, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, eine Abrechnung, des Schadens nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten versagt. Zur Aufgabe der Auffassung, wonach die Mängelbeseitigungskosten fiktiv abgerechnet werden können, bezieht sich der BGH darauf, dass der Mangel des Werkes lediglich ein Leistungsdefizit darstelle, dessen Bewertung als Schaden nicht möglich sei. Zur Begründung führt der BGH folgendes aus:

„Eine Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigurigskosten bildet das Leistungsdefizit im Werkvertragsrecht – insbesondere im Baurecht – auch bei wertender Betrachtung nicht zutreffend ab. Vielmehr führt sie häufig zu einer Überkompensation und damit einer nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen (vgl. Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 9 f.) nicht gerechtfertigten Bereicherung des Bestellers. Denn der (fiktive) Aufwand einer Mängelbeseitigung hängt von verschiedenen Umständen ab, zum Beispiel von der Art des Werks, dem Weg der Mängelbeseitigung, dem Erfordernis der Einbeziehung anderer Gewerke in die Mängelbeseitigung, und kann die vereinbarte Vergütung, mit der die Parteien das mangelfreie Werk bewertet haben, (nicht nur in Ausnahmefällen) deutlich übersteigen. Er ist daher nicht geeignet, ein beim Besteller ohne Mängelbeseitigung verbleibendes Leistungsdefizit und die hierdurch eingetretene Äquivalenzstörung der Höhe nach zu bestimmen.“

Der BGH geht in der Entscheidung davon aus, dass der Ausgleich des Schadens nach dem Regelungskonzept des § 634 BGB daran orientiert sei, ob eine Mängelbeseitigung tatsächlich durchgeführt worden war (vgl. Looschelders JA 2018, 627). Damit verdrängt § 634 BGB als spezialgesetzliche Regelung die in § 249 BGB vorausgesetzte Möglichkeit der fiktiven Schadensabrechnung (vgl. Looschelders a.a.O.).

Die in der Entscheidung des BGH vom 22.2.2018 abgelehnte Versagung der Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung der Mängelbeseitigungskosten auf dem Gebiet des Werkvertragsrechts lässt sich damit schon wegen des Vorliegens eines Spezialfalls nicht auf die fiktive Abrechnung von Schadensersatzansprüchen aus Verkehrsunfällen übertragen.

Zudem hat der VII. Senat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seine Rechtsprechung nur für das Werkvertragsrecht wegen der dort gegebenen Besonderheiten gelte, und deshalb auch keine Entscheidung des Großen Senats für erforderlich gehalten.

Neben der Sache liegen im Weiteren sowohl die Annahme als auch der Vorwurf des Landgerichts, auch der VI. Senat tendiere wie das Landgericht zur Abschaffung der fiktiven Abrechnung, „wenn auch eher mit dem schlussendlich freilich untauglichen Versuch punktueller Korrekturen“, da er mit seinem Urteil vom 23.2.2010. (Az. VI ZR 91/09) die Möglichkeit der Verweisung – und damit aus Sicht des Landgerichts eine Einschränkung der fiktiven Abrechnung – eröffnet habe, die der BGH jedoch dogmatisch zutreffend unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit der Reparaturkosten behandelt, was das Landgericht übersieht.

Zu diesem dogmatischen Problem zitiert das Landgericht den VII. Senat unzutreffend, wenn es ausführt, dass sich mit der Entscheidung des VII. Senats diese Frage aber überholt habe, weil jetzt auch im Rahmen des § 249 Abs. 1, Abs. 2 BGB kein Raum mehr für eine fiktive Schadensabrechnung sei. Der VII. Senat führt aber zum in Schadensersatzprozess anzuwendenden § 249 Abs. 2 S. 2 BGB wortwörtlich aus:

„Soweit gem. § 249 Abs. 2 BGB nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch fiktive Kosten als Schadensersatz verlangt werden können, steht dies nicht in Widerspruch zur vorliegenden Entscheidung, bei der es nicht um die Beschädigung einer Sache geht.“

Auch der weitere Begründungsversuch des LG für die von ihm vertretene Abkehr von der Möglichkeit der fiktiven Abrechnung überzeugt nicht. Das Landgericht geht davon aus, dass die fiktive Schadensabrechnung zwangsläufig zu einer Überkompensation der Schadensersatzansprüche des Geschädigten führe. Grundlage für diese Feststellung ist die von dem Landgericht wiedergegebene Beobachtung, wonach festzustellen sei, dass die von dem Gutachter nach einem Unfall festgestellten Mängelbeseitigungsaufwendungen durchweg erheblich über den Beträgen liegen, die ein Geschädigter im Falle der konkreten Schadensberechnung tatsächlich aufwende. Das sei darauf zurückzuführen, dass Gutachter auf unrealistische und überhöhte Herstellerpreise und Empfehlungen abstellten, die dem Aufwand von Markenwerkstätten und freien Fachwerkstätten nicht entsprächen.

Die aufgeführten fehlerhaften Anknüpfungen der erstatteten Gutachten an Herstellerpreis und Herstellerempfehlungen sind empirisch allerdings ungesichert, insbesondere Ist auch nicht erkennbar, inwiefern bei der EDV-gestützten Ermittlung des Reparaturumfangs der Gutachter auf andere Kalkulationsgrundlagen ausweichen soll. Das aus dem keineswegs unscharfen Kriterium der Erforderlichkeit in § 249 BGB abgeleitete Wirtschaftlichkeitspostulat besagt, dass bei mehreren Möglichkeiten des Schadensausgleichs der Anspruch auf dasjenige beschränkt wird, das den geringsten Aufwand mit sich bringt (vgl. BGH VersR 1985, 393; BGH VersR 2005, 1257).

Selbst wenn unterstellt wird, dass Geschädigte allgemein bei konkrete Abrechnung des Unfallschadens und im Vergleich zu den Reparaturvorgaben des Sachverständigen geringere Aufwendung treffen, etwa bestimmte Reparaturarbeiten nicht durchführen, keine Neuteile verwenden oder preiswertere Werkstätten wählen, führt das nicht dazu, dass dies geminderten Aufwendungen bei der Bestimmung des erforderlichen Aufwands anzusetzen sind. Der Geschädigte, der auf eine Reparatur, in dem Umfang der Angaben des Gutachters ganz oder teilweise verzichtet, leistet einen überobligationsmäßigen Verzicht. Entgegen der Auffassung des Landgerichts führt dies nicht zu einer Verminderung der Ersatzfähigkeit der zur Schadensbehebung erforderlichen Aufwendungen. Maßgeblich bleibt nach wie vor der von dem Gutachter ermittelte Umfang der Schadensbehebungsarbeiten. Auch hier wirkt sich die Dispositionsfreiheit des Geschädigten dahin aus, dass er auch den Ersatz der Aufwendungen verlangen kann, die er nicht zur Schadensbehebung getroffen hat.

Das Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht will verhindern, dass der Geschädigte an dem Schadensfall verdient (vgl. BGH VersR 2003, 918; BGH VersR 1989, 1056). Soweit das Landgericht eine Überkompensation des Geschädigten darin sieht, dass Geschädigte bei fiktiver Abrechnung auf den von dem Gutachter ermittelten Aufwendungsnettobetrag abstellen, obwohl üblicherweise bei konkreter Abrechnung oft deutlich geringere Aufwendungen getroffen wurden, liegt in dieser Praxis kein Verstoß gegen das Bereicherungsverbot (vgl. Diehl ZfSch 2019, 24, 29).

Die Rechtsprechung hat zahlreiche praktikable Wege aufgezeigt, die möglichen Missbrauchsanreize zu entschärfen (z.B. gestellter Unfall, zu hohe Gutachterprognosen, Schwarzarbeit). Umgekehrt lauern auch bei der konkreten Abrechnung Missbrauchsanreize etwa in Gestalt überhöhter Rechnungen oder sogar von Scheinrechnungen. Insoweit steht auch die These, die fiktive Schadensabrechnung führe zu Mehrkosten für die Versicherungsgemeinschaft, auf unsicherem Terrain (vgl. Freymann, ZfSch 2019, 4, 11).

So muss sich der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf diese verweisen lassen (Senatsurteile vom 29. April 2003 – VI ZR 398/02, BGHZ 155, 1, 5; vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09, BGHZ 183, 21 Rn. 9; vom 3. Dezember 2013 – VI ZR 24/13, VersR 2014, 214 Rn. 10). Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des BGH, dass sich der Geschädigte auf die günstigere Reparatur in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen freien Fachwerkstätt verweisen lassen muss, wenn der Schädiger darlegt und ggf. beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er ggf. vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen (Senatsurteile vom 7. Februar 2017 – VI ZR 182/16, NJW 2017, 2182 Rn. 7; vom 28. April 2015 – VI ZR 267/14, VersR 2015, 861 Rn. 9 f.; vom 15. Juli 2014 – VI ZR 313/13, NJW 2014, 3236 Rn. 8; vom 3. Dezember 2013 – VI ZR 24/13, VersR 2014, 214 Rn. 9; vom 14. Mai 2013 – VI ZR 320/12, VersR 2013, 876 Rn. 8; vom 13. Juli 2010 – VI ZR 259/09, DAR 2010, 577 Rn. 6 f.; vom 22. Juni 2010 – VI ZR 302/08, NJW 2010, 2727 Rn. 6 f.; jeweils m.w.N.; BGH, Urteil vom 25. September 2018 – VI ZR 65/18 -, Rn. 6, juris).

Schließlich ergibt sich auch nichts anderes aus der Entscheidung des 29. ZS des OLG Frankfurt vom 21.1.2019 – 29 U 183/17 -, in der dieser die Rechtsprechung des VII. ZS auf das Kaufrecht übertragen hat. Der Senat hat ausdrücklich ausgeführt, dass er erhebliche Bedenken gegen eine Ausweitung dieser Rechtsprechung auf das Deliktsrecht hat, weil in diesen Schadensfällen mangels synallagmatischer Verbindung kein gestörtes Äquivalenzverhältnis einhergeht.

2.

Im vorliegenden Fall teilt der Senat hinsichtlich des weiteren Verlaufs folgendes mit:

Da das Landgericht keine Sachaufklärung betrieben hat, ist es erforderlich, dies. nachzuholen, da die Möglichkeit einer Aufhebung und Zurückverweisung nicht besteht (§ 538 ZPO).

Der Senat hält die Einholung eines SV-Gutachtens zum Hergang des Verkehrsunfalls für erforderlich, weist allerdings darauf hin, dass sich nach der Spurenlage und den vorliegenden Fotografien keine Anhaltspunkte für einen Fahrfehler der Beklagtenseite erkennen lassen. Es kommt deshalb bei vorläufiger Einschätzung auch angesichts der Vorfahrtregelung allenfalls eine Haftung der Beklagtenseite in Höhe der Restbetriebsgefahr von 20 % in Betracht. Der Senat geht im Übrigen bisher davon aus, dass die regelmäßige Wartung in einer Vertragswerkstatt unstreitig ist.

Die Parteien sollen binnen 4 Wochen mitteilen, ob auf dieser Basis eine vergleichsweise Einigung möglich ist.

3.

Termin zur Verkündung einer Entscheidung wird bestimmt auf Dienstag, den 13.8.2019, 8.45 Uhr, Saal 1.20, … in D.