Der Angeklagte wurde wegen Betäubungsmittelstraftaten sowie Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Jugendstrafe verurteilt. Zudem wurden eine isolierten Sperrfrist von neun Monaten sowie ein dreimonatiges Fahrverbot verhängt. Der BGH ließ das Fahrverbot entfallen: Dieses und eine Entziehung der Fahrerlaubnis oder Festsetzung einer isolierten Sperrfrist seien regelmäßig nicht nebeneinander möglich, da das Fahrverbot voraussetze, dass sich der Täter nicht als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Ein Nebeneinander beider Rechtsfolgen sei nur denkbar, wenn auch das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge verboten werden oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von der Sperre ausgenommen werden sollen. Ob dies auch für die neue Fassung des § 44 StGB gelte, könne offenbleiben, da für eine – wie hier – vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung begangene Tat das zur Tatzeit geltende Recht maßgeblich sei.

BGH, Beschluss vom 07.08.2018 – 3 StR 104/18

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 23. November 2017

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 18 Fällen, des Besitzes von Betäubungsmitteln und des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis schuldig ist,

b) im Ausspruch über das Fahrverbot aufgehoben; das Fahrverbot entfällt.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 20 Fällen, Besitzes von Betäubungsmitteln und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem hat es bestimmt, dass dem Angeklagten vor Ablauf von neun Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf, dem Angeklagten für die Dauer von drei Monaten verboten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen, und die Einziehung eines Geldbetrags in Höhe von 165 € angeordnet. Die dagegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 20 Fällen wird von den Feststellungen nicht getragen. Danach verkaufte der Angeklagte der Zeugin E. in der Zeit vom 1. November 2015 bis zum 31. Januar 2016 einmal wöchentlich “und somit 15 Mal” jeweils mindestens ein Gramm Amphetamin sowie nach dem 1. Februar 2016 viermal zwei Ecstasy-Tabletten und einmal eine Ecstasy-Tablette. In Bezug auf den Zeitraum vom 1. November 2015 bis zum 31. Januar 2016 ist das Verfahren “hinsichtlich der weiteren insofern angeklagten Fälle” gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden.

Da der Zeitraum vom 1. November 2015 bis zum 31. Januar 2016, in dem der Angeklagte “einmal wöchentlich” Betäubungsmittel an die Zeugin E. veräußerte, lediglich 13 Wochen umfasste, belegen die Feststellungen insoweit nur 13 Tathandlungen. Deshalb ist im Hinblick auf die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der weiteren insoweit angeklagten Fälle davon auszugehen, dass im Zusammenhang mit den Verkäufen an die Zeugin E.nur 18 Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln abgeurteilt worden sind. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert (§ 354 Abs. 1 analog StPO).

Der Strafausspruch bleibt davon unberührt. Es ist auszuschließen, dass die Jugendkammer auf eine niedrigere Jugendstrafe erkannt hätte, falls sie lediglich von 18 Betäubungsmittelverkäufen an die Zeugin E.ausgegangen wäre.

2. Die – offenbar auf § 44 Abs. 1 Satz 1 StGB, § 8 Abs. 3 JGG in der jeweils zur Tatzeit geltenden Fassung gestützte – Verhängung eines Fahrverbots neben der Festsetzung der isolierten Sperrfrist (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB) stößt auf durchgreifende rechtliche Bedenken. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass ein dreimonatiges Fahrverbot “als Denkzettel … zur Einwirkung auf den Angeklagten erforderlich” sei, “seiner Schuld sowie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz” entspreche und “insgesamt nicht zu einer unangemessen harten Sanktion” führe. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Fahrverbot und Fahrerlaubnisentziehung bzw. Festsetzung einer isolierten Sperrfrist schließen einander regelmäßig aus. Denn das Fahrverbot nach § 44 StGB setzt voraus, dass sich der Täter gerade nicht als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 69 StGB erwiesen hat. Deshalb kommt ein Fahrverbot neben einer Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. der Festsetzung einer isolierten Sperrfrist nur in Betracht, wenn das Gericht dem Täter auch das Fahren mit gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 FeV fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen verbieten oder nach § 69a Abs. 2 StGB bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von der Sperre ausnehmen will (vgl. LK/Geppert, StGB, 12. Aufl., § 44 Rn. 17 f.; SSW-StGB/Mosbacher/Claus, 3. Aufl., § 44 Rn. 6; MüKoStGB/Athing/von Heintschel-Heinegg, 3. Aufl., § 44 Rn. 8). Das war hier den Urteilsgründen zufolge ersichtlich nicht der Fall.

Es kann dahinstehen, ob die am 24. August 2017 in Kraft getretene neue Fassung des § 44 StGB durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 (BGBl. I, S. 3202) den Bereich erweitert hat, in dem ein Fahrverbot neben Fahrerlaubnisentziehung bzw. isolierter Sperrfrist in Betracht kommt, weil das Fahrverbot nach der Neuregelung den Gerichten bei allen Straftaten als zusätzliche Sanktionsmöglichkeit zur Verfügung steht, um “zielgenau, spürbar und schuldangemessen auf den Täter einzuwirken” (BT-Drucks. 18/11272, S. 1). Denn der Angeklagte beging die der Verhängung des Fahrverbots sowie der Festsetzung der isolierten Sperrfrist zugrunde liegende Tat am 19. Dezember 2016 und im Hinblick auf das Fahrverbot ist gemäß § 2 Abs. 1 StGB das zur Tatzeit geltende Recht maßgeblich, weil es sich dabei um eine Nebenstrafe handelt.

3. Im Übrigen hat die auf die Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

4. Angesichts des geringen Erfolges der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).