Kann die Verwaltungsbehörde nach Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit mit einem Omnibus (hier: Geschwindigkeitsüberschreitung um 24 km/h) den verantwortlichen Fahrzeugführer nicht ermitteln, muss sie vor Erlass einer Fahrtenbuchauflage Einsicht in die Daten des Kontrollgeräts nehmen. Denn dieses zeichnet die Fahrt- und Haltezeichen des Fahrzeugs auf, wobei der Name des Fahrzeugführers vor jeder Fahrt einzutragen ist. Andernfalls hat die Behörde nicht alle zumutbaren Maßnahmen getroffen, den Fahrzeugführer zu ermitteln, so dass eine Fahrtenbuchauflage nicht in Betracht kommt. Unabhängig davon könnte eine solche Anordnung unverhältnismäßig erscheinen, wie ein aktueller Fall des VG Aachen zeigt (Beschluss vom 27.05.2015, Az. 2 L 333/15).
Die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Verkehrszuwiderhandlung ist im Sinne von § 31a StVZO unmöglich, wenn die zur Aufklärung der Zuwiderhandlung tätig werdende Behörde nicht in der Lage war, den Fahrer zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Dass dies hier der Fall war, vermag das erkennende Gericht jedenfalls aufgrund der ihm bisher vorliegenden Informationen nicht zu erkennen.
Zwar weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass der Antragsteller als Halter des Kraftomnibusses in seiner schriftlichen Anhörung sowie gegenüber den Mitarbeitern des Ermittlungsdienstes des Antragsgegners keine förderlichen Angaben zur Person des Fahrers gemacht hat. Damit ist der Antragsteller seiner Obliegenheit als Halter, konkrete Angaben zum Fahrer seines Fahrzeugs zu machen oder zumindest den Kreis der als Fahrer in Betracht kommenden Personen einzugrenzen, nicht nachgekommen.
Dennoch kann zweifelhaft sein, ob der das Ordnungswidrigkeitenverfahren bearbeitende Kreis Euskirchen alle sich ihm bietenden und zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft hat. Denn die hier vorliegende Fallkonstellation ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass das Fahrzeug, mit dem die Verkehrsordnungswidrigkeit begangen wurde, mit einem Kontrollgerät im Sinne des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 ausgerüstet war, dessen Daten der Antragsteller dem Ordnungsamt des Kreises Euskirchen nach § 57a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 StVZO zugänglich machen musste. Dieses Kontrollgerät zeichnet die Fahrt- und Haltezeiten des jeweiligen Fahrzeugs auf, zu Beginn jeder Fahrt ist der Name des Fahrzeugführers einzugeben bzw. einzutragen (vgl. Art. 15 Abs. 2, 3 VO (EWG) Nr. 3921/85, § 57a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 StVZO). Gemäß § 57a Abs. 2 Satz 4 StVZO sind die Schaublätter zuständigen Personen auf Verlangen jederzeit vorzulegen. Zuständige Personen in diesem Sinne sind insbesondere die Mitarbeiter der Kreisordnungsbehörden als die für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen Verwaltungsbehörden (vgl. § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Bestimmung der für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen Verwaltungsbehörden).
Vgl. für den ähnlich gelagerten Fall der Erforschung von Verkehrsordnungswidrigkeiten durch die Polizei: OLG Hamm, Beschluss vom 25.09.1991 – 2 Ss OWi 456/91 -, VRS 82, 235, juris.
Danach ist davon auszugehen, dass Aufzeichnungen über die Fahrzeugführer des Fahrzeugs, mit dem die hier maßgebliche Verkehrsordnungswidrigkeit begangen wurde, vorlagen, und der Antragsteller auch zu deren Herausgabe verpflichtet war. Trotzdem ist dem Verwaltungsvorgang des Antragsgegners, der wiederum Kopien des Vorgangs über das vom Kreis Euskirchen geführte Ordnungswidrigkeitenverfahren enthält, nicht zu entnehmen, dass die Mitarbeiter des Ordnungsamts des Kreises Euskirchens auch nur versucht haben, Einblick in die Aufzeichnungen des Kontrollgeräts des hier betroffenen Kraftomnibusses zu erhalten.
Zwar hat der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren vorgetragen, er habe bei Erhalt des Anhörungsbogens zum Geschwindigkeitsverstoß keinen Zugriff auf das Kontrollgerät gehabt, weil der Kraftomnibus längerfristig unterwegs gewesen sei. Wollte man daraus schließen, dass sich die Ermittlungen des Kreises Euskirchen auf die Daten des Kontrollgeräts erstreckt haben, so ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum das Ordnungsamt des Kreises Euskirchen nicht etwa die Rückkehr des Busses abgewartet hat.
Ungeachtet dessen erweist sich die Anordnung, für sechs Monate ein Fahrtenbuch zu führen, als unverhältnismäßig.
Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage hat im Anschluss an eine erhebliche, aber nicht abschließend aufklärbare Verkehrsordnungswidrigkeit den Zweck, sicherzustellen, dass bei künftigen Verkehrsverstößen mit dem jeweiligen Fahrzeug die Feststellung des Fahrzeugführers einfacher möglich ist. Dabei knüpft die Anordnung an den Umstand an, dass der Fahrzeugführer in einem Fall etwa wegen fehlender Erinnerung des Halters oder dessen Inanspruchnahme eines Zeugnisverweigerungsrechts nicht möglich war. Dennoch stellt die Fahrtenbuchauflage keine Sanktion für das Verhalten des Halters dar, sondern dient ausschließlich dem Ziel, zukünftige Verstöße aufklären und den verantwortlichen Fahrzeugführer zur Verantwortung ziehen zu können. Zur Förderung dieses Ziels ist aber das Führen eines Fahrtenbuchs nicht erforderlich und zur Erhöhung der Aufklärungsquote von Verkehrszuwiderhandlungen auch nicht geeignet, wenn die im Fahrtenbuch festzuhaltenden Daten bereits in anderer Weise erfasst werden und einer Vorlagepflicht unterliegen. Dies ist der Fall bei Fahrzeugen wie in dem vorliegenden Fall, die mit einem Fahrtschreiber oder einem Kontrollgerät zu versehen sind. Dieser Wertung steht nicht entgegen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Fahrzeughalter oder auch der Fahrzeugführer pflichtwidrig die Herausgabe der erstellten Schaublätter verweigert. Denn ebenso ist denkbar, dass der Fahrzeughalter trotz entsprechender Aufforderung das geführte Fahrtenbuch nicht vorlegt.
Vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 26.08.2010 – 3 A 176/10 -, NJW 2011, 471, juris.
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